PM: Herbert Dorfmann und die Europäische Volkspartei blockieren bahnbrechendes EU-Naturschutzgesetz
Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz, die Vereinigung Südtiroler Biolog:innen und Scientists for Future South Tyrol kritisieren die Entscheidung des Umweltausschusses des EU-Parlaments, das bahnbrechende EU-Renaturierungsgesetz abzulehnen scharf.
Bei der äußerst knappen und kontroversen Abstimmung (44 zu 44) hat auch der Südtiroler EU-Abgeordnete Herbert Dorfmann gegen das Naturschutzgesetz gestimmt und damit die Entscheidung maßgeblich beeinflusst. Damit hat sich der Umweltausschuss gegen die EU-Umweltminister gestellt, welche sich vor einigen Tagen für das richtungsweisende Gesetz zur Wiederherstellung der Natur in Europa ausgesprochen haben. Am 12. Juli wird in letzter Instanz nochmals im Plenum des EU-Parlaments über das Gesetz abgestimmt.
“Dieses von der EU-Kommission vorgeschlagene Gesetz ist ein Meilenstein und markiert einen Wendepunkt in den Bemühungen um den Schutz und die Erholung der bedrohten Ökosysteme des Kontinents“, betont Josef Oberhofer, Präsident des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz.
Europas Natur befindet sich in einem alarmierenden Zustand, mit 81% der geschützten Lebensräume in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand – so sind beispielsweise jede fünfte Vogelart und jede dritte Bienen- und Schmetterlingsart in Europa stark rückläufig bzw. vom Aussterben bedroht. “Auch in Südtirol besitzen weite Teile der Talniederungen nur einen geringen Naturwert, auch hier wären Maßnahmen dringend notwendig ”, unterstreicht Norbert Dejori, Präsident der Vereinigung Südtiroler Biolog:innen. Um diesen Trend umzukehren, sieht das EU-Renaturierungsgesetz vor, dass bis 2030 mindestens 20% der Landflächen und 20% der Meeresgebiete der EU revitalisiert werden müssen. Bis zur Mitte des Jahrhunderts sollen alle Gebiete, die einer Revitalisierung bedürfen, in Angriff genommen werden. Gemäß dem vereinbarten Text müssen alle EU-Länder bis 2030 Wiederherstellungsmaßnahmen für mindestens 30% der bedrohten Lebensräume in terrestrischen, Küsten-, Süßwasser- und Meeresökosystemen umsetzen. Dieser Anteil wird bis 2040 auf 60% und bis 2050 auf 90% steigen.
Die Zustimmung der EU-Umweltminister zu diesem Gesetz war ein starkes Signal an die internationale Gemeinschaft, dass die EU den Schutz der Biodiversität ernst nimmt und ihre internationalen Verpflichtungen erfüllen will.
Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz, die Vereinigung Südtiroler Biolog:innen und Scientists for Future South Tyrol kritisieren die ablehnende Haltung der EVP und auch jene von Herbert Dorfmann, der überraschend an dieser entscheidenden Abstimmung teilgenommen hat, obwohl er gar nicht im zuständigen Ausschuss sitzt. Deren Begründungen für die Ablehnung sind wissenschaftlich nicht stichhaltig, wie eine offene Petition von über 3.000 namhaften Wissenschaftler:innen klar zum Ausdruck gebracht hat (Pe’er et al., 2023). Auch das häufig von der Agrarlobby zitierte Argument, die Umweltmaßnahmen gefährden die Nahrungsversorgung Europas, entbehrt jeder Grundlage. Schutz und Wiederherstellung der Natur sowie die Reduzierung von Agrochemikalien und Schadstoffen sind zentral für unsere Ernährungssicherheit.
Am 12. Juli hat das gesamte Europäische Parlament nicht nur die die Möglichkeit, das EU-Renaturierungsgesetz aufrecht zu erhalten, sondern auch der Welt ein Signal senden, dass die EU den Naturschutz und die Wahrung der eigenen Ökosysteme Ernst nimmt Da wird sich zeigen, ob sich die Ziele einer nachhaltigen und naturverträglicheren Landwirtschaft oder aber die Interessen der großen Agrarlobbys durchsetzen. Falls das EU-Parlament diesen entscheidenden Schritt nicht wagt, wird es in dieser Legislaturperiode zu keinem EU-Renaturierungsgesetz mehr kommen, trotz Zustimmung der Kommission und des Rates, und die Bemühungen auf europäischer Ebene zum Thema Naturschutz würden erstmals auf Eis gelegt werden.
Die Südtiroler Umwelt – und Fachverbände fordern EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann auf, bei der Abstimmung im EU-Parlament für dieses wichtige richtungsweisende Gesetz zu stimmen.